Folgen eines fehlenden BEM für den Arbeitgeber

Gibt es Sanktionen gegen den AG, wenn er kein BEM macht?

  • Unmittelbar gibt es keine Sanktionen, insbesondere ist die fehlende Durchführung eines BEM nicht als Ordnungswidrigkeit in § 156 SGB IX benannt.
  • Ganz überwiegend wird die Auffassung vertreten, dass eine krankheitsbedingte Kündigung, die ohne Durchführung eines BEM ausgesprochen wurde, in der Regel unverhältnismäßig und damit sozialwidrig ist. Dies ergibt sich daraus, dass der Ausspruch der krankheitsbedingten Kündigung nur als letztes mögliches Mittel (ultima ratio) zur Beseitigung der betrieblichen Beeinträchtigung (Vermeidung von Fehlzeiten) zulässig ist. Daher muss der Arbeitgeber dem / der Beschäftigten zuvor ein Betriebliches Eingliederungsmanagement anbieten und im Fall der Zustimmung auch durchführen. Auf dieses Argument kann sich die betroffene Person in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren stützen, wenn eine krankheitsbedingte Kündigung ausgesprochen wurde, ohne dass ein BEM durchgeführt wurde.

Nach anderer Auffassung kann es bei einer krankheitsbedingten Kündigung nur auf die Umstände des Einzelfalls zum Zeitpunkt der Kündigung ankommen. Diese Auffassung weist darauf hin, dass es in der Rechtsprechung schon seit langem anerkannt sei, dass ein Arbeitgeber vor Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung eine Überprüfungsverpflichtung hat, ob der Arbeitsplatz mit zumutbarem Aufwand umgestaltet werden kann oder eine Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz in Betracht kommt. Dann könne es aber nicht mehr darauf ankommen, ob in der Vergangenheit nach längeren Erkrankungen der betroffenen Person im Rahmen eines BEM bereits eine solche Überprüfung stattgefunden habe. Zum Redaktionsschluss lag eine diese Frage klärende Rechtsprechung den Herausgebern noch nicht vor.

  • Es wird auch die Auffassung vertreten, dass die betroffene Person oder ein Rehaträger Schadensersatzansprüche gegen den Arbeitgeber hätte. Ein solcher Anspruch ist jedoch sehr problematisch und auch für den Fall, dass er bestehen sollte, sehr schwer zu beweisen. Ein möglicher Schaden – z.B. ein Vermögensschaden aufgrund einer vorzeitigen Verrentung – müsste gerade durch das fehlende BEM verursacht worden sein.

Wie entscheidet das Integrationsamt bei einem Antrag auf Zustimmung zur Kündigung, wenn kein BEM durchgeführt wurde?

Die Praxis der Integrationsämter hierzu ist nicht einheitlich. Teilweise wird die Zustimmung versagt, weil BEM der Kündigung als letztes Mittel vorausgehen muss.Die Integrationsämter der Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe berücksichtigen bei Entscheidungen über behinderungs- / krankheitsbezogene Kündigungen im Rahmen des ihnen zustehenden Ermessens, ob ein BEM durchgeführt wurde. Zahlreiche Aspekte, die Gegenstand eines BEM sind, kann das Integrationsamt im Rahmen des von ihm durchzu-führenden Kündigungsschutzverfahrens klären, so z. B., ob begleitende Hilfen im Arbeitsleben zur Erhaltung des Arbeitsverhältnisses in Betracht kommen oder ob eine Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz möglich ist. Es kann dabei einen seiner Fachdienste oder einen Integrationsfachdienst einbeziehen. Bis zur Klärung dieser Fragen kann allerdings das Kündigungs-schutzverfahren beim Integrationsamt erhebliche Zeit in Anspruch nehmen. Der Arbeitgeber kann wesentlich zur Verfahrensbeschleunigung beitragen, wenn er vor Antragstellung auf Zustimmung zur Kündigung ein BEM selbst initiiert und durchführt.

Weitere Informationen

Die Fragen und Antworten wurden der Broschüre "Handlungsempfehlungen zum Betrieblichen Eingliederungsmanagement" der Landschaftsverbänd Rheinland und Westfalen-Lippe – Integrationsämter entnommen.

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